Fundusdruck unter der Geburt wird trotz unklarer Evidenzlage häufig angewendet. Eine Studie aus Bonn zeigt, wie Frauen die Maßnahme erleben und wie wichtig Kommunikation an dieser Stelle ist. Die Forschenden untersuchten zwölf Fälle und ordneten die Erfahrungen als positiv, neutral oder negativ ein. Entscheidend für das Erleben war, ob die Maßnahme verständlich erklärt wurde und die Frauen sich in ihrer Handlungsfähigkeit ernst genommen fühlten. Die Studie unterstreicht die Bedeutung einer guten Kommunikation während der Geburt und fordert die konsequente Umsetzung der in der S3-Leitlinie empfohlenen Bedingungen wie Zustimmung und Vetorecht der Gebärenden.
Fundusdruck wird weiterhin häufig durchgeführt
Trotz unklarer Evidenzlage und entgegen nationaler sowie internationaler Leitlinien wird der sogenannte Fundusdruck in vielen Geburtskliniken weiterhin angewendet. Eine neue qualitative Studie im Rahmen des Forschungsprojekts „MAM-Care“ der Versorgungsforschung am Universitätsklinikum Bonn (UKB) – in Kooperation mit der Universität Bonn und der Uniklinik Köln – untersucht erstmals systematisch, wie Frauen diese umstrittene geburtshilfliche Maßnahme subjektiv erleben. Gefördert wird das Forschungsprojekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
Die S3-Leitlinie „Vaginale Geburt am Termin“ empfiehlt, diese Intervention möglichst nicht oder nur unter strenger Indikationsstellung und mit Zustimmung der Gebärenden einzusetzen. Dennoch zeigen aktuelle Daten: Fundusdruck ist weit verbreitet. In einer MAM-Care-Befragung gaben 81 % der befragten Ärztinnen und Ärzte und 38 % der Hebammen an, die Maßnahme selbst durchzuführen. 21 % der befragten Frauen berichteten, dass während der Geburt Druck auf ihren Bauch ausgeübt wurde.
Kommunikation entscheidet über das Erleben
„Die Teilnehmerinnen sagten, sie hätten sich entweder gut begleitet oder völlig überfahren gefühlt – je nachdem, wie mit ihnen gesprochen wurde“, erklärt Mi-Ran Okumu, Erstautorin der Studie und Soziologin an der Forschungsstelle für Gesundheitskommunikation am UKB, die außerdem an der Universität Bonn forscht.
„Das subjektive Erleben ist kein Zufall, sondern das Ergebnis von Kommunikation und Versorgungsgestaltung.“
Mi-Ran Okumu, Erstautorin der Studie
Prof. Nadine Scholten, Leiterin der Forschungsstelle für Gesundheitskommunikation und Versorgungsforschung am UKB und Professorin für psychosomatische und psychoonkologische Versorgungsforschung an der Universität Bonn, ergänzt: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass nicht nur die Maßnahme an sich, sondern vor allem die Kommunikation drumherum entscheidend ist. Wenn Frauen verstehen, warum etwas geschieht, und sich in ihrer Handlungsfähigkeit ernst genommen fühlen, kann auch eine kritische Intervention als unterstützend erlebt werden.“
Unterschiedliche Erfahrungen mit Fundusdruck
Die zwölf untersuchten Fälle wurden drei Gruppen zugeordnet: Sechs Frauen beschrieben ihre Erfahrung mit Fundusdruck als positiv, drei als neutral und drei als negativ. In allen Gruppen kamen Situationen mit eingeschränkter Verständlichkeit vor – oft ausgelöst durch knappe oder fehlende Erklärungen in akuten Phasen der Geburt. Je höher die wahrgenommene Handhabbarkeit der Situation, desto positiver bewerteten die Frauen sie im Nachhinein.
Die Studie bezieht keine generelle Stellung zur Maßnahme Fundusdruck, macht aber deutlich: Wenn sie angewendet wird, muss sie verständlich erklärt und mit Einwilligung der Gebärenden durchgeführt werden. Die in der S3-Leitlinie empfohlenen Bedingungen wie Zustimmung und Vetorecht sollten konsequent umgesetzt werden.
KI-gestützt, redaktionell bearbeitet nh
Quelle: Pressemitteilung des Universitätsklinikums Bonn vom 25. Juli 2025 : Bonner Forschende untersuchen Fundusdruck unter der Geburt.
Originalpublikation: Okumu M-R, Bach L, Karbach U et al. Making sense of fundal pressure: A qualitative study on women’s experiences of a non-evidence-based yet commonly practiced intervention. Arch Gynecol Obstet 2025
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