Einarmiger Roboter: Nur ein kleiner Schnitt

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Chirurg in blauem OP-Kittel und Haube steuert Da-Vinci-Operationsroboter im hell beleuchteten OP-Saal.
Quelle: © Damian_stock.adobe.com

Nur ein Schnitt, weniger Schmerzen und eine kürzere OP-Dauer: Der einarmige OP-Roboter Da Vinci Single Port der Firma Intuitive eröffnet Medizinerinnen und Medizinern neue Möglichkeiten. Der OP-Roboter wurde nun erstmals im deutschsprachigen Raum auch für gynäkologische und gynäkologisch-onkologische Operationen eingesetzt.

Vorteile des
 einarmigen Roboters

Die Universitätsmedizin Greifswald hat im Dezember 2024 ihr Behandlungsspektrum in der operativen ­Gynäkologie erweitert und sich für den Einsatz des einarmigen Roboters entschieden. Der gesamte Eingriff wird über einen einzigen Zugang durchgeführt und bringt jede Menge Vorteile mit sich, wie Prof. Marek Zygmunt, Direktor der Greifswalder Universitätsfrauenklinik, erklärt: „Es wird nur ein zwei bis drei Zentimeter großer Schnitt benötigt – meistens am Bauchnabel. Kosmetisch ist das ein enormes Plus. Die Zufriedenheit der Patientinnen wird auch dadurch gesteigert, dass die Schmerzen nach der Operation deutlich geringer sind und der stationäre Aufenthalt verkürzt wird“, erklärt Zygmunt.

„Die Verbindung des Roboters mit der Patientin ist deutlich unkomplizierter als mit einem Multi-Port (MP). Zudem können wir mit einem Zugang sowohl im Unter- als auch im Oberbauch operieren“, zeigt sich der Leitende Oberarzt Dr. Zaher Alwafai begeistert. Auch die Beweglichkeit ist ein entscheidender Faktor, wie Alwafai ergänzt: „Dadurch, dass die Patientin nur an einem Punkt mit dem Roboter verbunden ist, haben wir viel mehr Möglichkeiten, die Lage der Patientin während der Operation anzupassen. Das ist mit einem Multi-Port sehr viel komplizierter.“

Operationsspektrum identisch zum MP

Beide Ärzte betonen, dass der Da Vinci Single Port (SP) die gleichen Eingriffe durchführen kann wie der Multi-Port. „Die Entfernung von Endometriose oder Myomen ist genauso möglich wie die Entfernung von Gebärmutter, Eierstöcken oder Lymphknoten bei Endometrium- oder Zervix-Karzinomen“, so Alwafai. Der große Vorteil ist, dass die Patientinnen hinterher nicht das Gefühl haben, einen onkologischen Eingriff durchgemacht zu haben.“

Abb. 1: Dr. Zaher Alwafai (links) und Prof. Marek Zygmunt beim Eingriff mit dem Da Vinci Single Port (Foto: © Universitätsmedizin Greifswald).

Zukünftig denkbar wäre, mit dem einarmigen Roboter auch vaginal zu operieren und dadurch Eingriffe möglich zu machen, die mit dem Multi-Port nicht machbar sind. „Hier sehen wir großes Potenzial“, so Alwafai. Dafür müssten jedoch noch weitere Instrumente wie zum Beispiel Vessel-Sealer oder Synchroseal für den Single-Port entwickelt werden, denn das Instrumenten-Spektrum ist aktuell noch nicht so breit wie beim mehrarmigen Roboter. „Die Firma steckt hier noch mitten in der Entwicklung und ist diesbezüglich auch auf unsere Rückmeldung angewiesen“, meint Zygmunt.

Da das System im deutschsprachigen Raum vor der Einführung in Greifswald noch nicht eingesetzt wurde, hatte das Team um Alwafai und Zygmunt keine Gelegenheit, unter Anleitung eines erfahrenen Tutors zu üben. „Normalerweise wird man bei den ersten Eingriffen begleitet. Bei dem SP gab es diese Option aber nicht, so dass wir unsere ersten Erfahrungen an Modellen und Kadavern sammeln mussten“, erinnern sich beide Chirurgen. Essenziell war dabei die enge Kooperation mit den Nachbardisziplinen: „Die Chirurgen hatten das gleiche Problem, also haben wir von- und miteinander gelernt.“ Der Lernplan wird von der Firma Intuitive sehr genau vorgegeben: Zunächst sind mindestens 30 Trainingsstunden an einem Simulator notwendig, im Anschluss folgen Kurse und Prüfungen. Am Ende erhält man einen „Single-Port-Führerschein“.

Abb. 2: Über die Doppelkonsole steuern Dr. Zaher Alwafai (links) und Prof. Marek Zygmunt den Arm des Da Vinci Single Port (Foto: © Universitätsmedizin Greifswald).

Idee: Aufbau eines Hospitations-Zentrums

Aufgrund der gemachten Erfahrungen können sich beide Ärzte gut vorstellen, in Zukunft ein Hospitations-Zentrum in Greifswald zu etablieren, um interessierte Medizinerinnen und Mediziner zu unterstützen. Denn auch wenn das SP-System sehr intuitiv ist, wie Zygmunt betont, ist es doch eine Umstellung im Vergleich zur klassischen Laparoskopie. „Beim SP-System ist ein Umdenken erforderlich, aber nach einer entsprechenden Lernkurve kann man damit genauso sicher arbeiten wie mit dem mehrarmigen Roboter und dazu noch mit einem kleineren Schnitt und zudem schneller“, ist Alwafai zuversichtlich. Hilfreich sei außerdem der Einsatz der zweiten Konsole, um Studierende und junge Ärztinnen und Ärzte an das System heranzuführen.

Robotik wird 
Laparoskopie ersetzen

Ein Nachteil könnte nach Meinung der beiden Experten sein, dass die jüngere Generation das offene und laparoskopische Operieren gar nicht mehr richtig erlernt, sondern direkt mit Robotik in der Ausbildung beginnt. „Robotisches Operieren ist einfacher, aber nicht alle Operationen werden damit möglich sein. Deshalb müssen angehende Fachkräfte alle Operationsmethoden lernen“, betonen Zygmunt und Alwafai gleichermaßen. Sie sind sich jedoch auch einig, dass SP-Robotik irgendwann die Laparoskopie in der Gynäkologie weitgehend ersetzen wird – ohne Nachteile für die Patientinnen.

Sonja Buske

Prof. Marek Zygmunt ist seit 2006 Direktor der Greifswalder Universitätsfrauenklinik. Der Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Tätigkeit liegt an der Schnittstelle zwischen Onkologie und Reproduktionsmedizin.

Dr. Zaher Alwafai ist Leitender Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Universitätsmedizin Greifswald sowie der stellvertretende Direktor der Klinik. Seine Schwerpunkte liegen in der gynäkologischen Onkologie und in der minimal­invasiven Chirurgie.


Quelle:

Buske S. Einarmiger Roboter: Nur ein kleiner Schnitt. gyne 2025; 46(2): 22–23


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