Die Zusammensetzung des Darmmikrobioms und der bakteriellen Stoffwechselprodukte scheint bei Frauen mit Endometriose ein charakteristisches Muster aufzuweisen, dass es womöglich diagnostisch genutzt werden könnte. Bislang basiert diese Beobachtung allerdings auf rein präklinischen Daten.
Darmmikrobiom und -metabolom nehmen Einfluss auf zahlreiche physiologische Prozesse und damit auf die Gesundheit des Menschen. Manche Darmbakterien beispielsweise produzieren Metabolite und Moleküle, die im Zusammenhang mit Entzündungsprozessen und kardiovaskulären Erkrankungen stehen. Warum sollte das nicht auch auf die chronisch entzündliche Erkrankung Endometriose zutreffen? Forschende vom Baylor College of Medicine in Houston, USA, erachteten einen solchen Zusammenhang als durchaus plausibel und untersuchten Stuhlproben von Frauen mit (n = 18) und ohne (n = 31) Endometriose.
Mit Hilfe der sequenzbasierten Analyse bakterieller Markergene (16S-rRNA) und der umfassenden Untersuchung des Metaboloms gelang es ihnen zu zeigen, dass die Stuhlproben der betroffenen Teilnehmerinnen ein Muster in ihrer Zusammensetzung aufweisen, das typisch für die Krankheit ist. Das Muster ähnelte zudem stark dem, das bei chronisch entzündlicher Darmerkrankung beobachtet wird. Insgesamt zwölf bakterielle Metaboliten identifizierten die Forschenden als potenzielle Biomarker für die Erkrankung Endometriose (Fläche unter der ROC-Kurve > 0,8 und p < 0,005), die als Diagnosetest genutzt werden könnten.
Die Beobachtung, dass die Stuhlproben der betroffenen Frauen im Vergleich signifikant geringere Mengen des bakteriellen Stoffwechselproduktes 4-Hydroxyindol (4HI) aufwiesen, veranlasste die Forschergruppe zu einer weiteren Untersuchung. Sie testeten die Wirkung des Metaboliten an Mäusen, bei denen durch die Transplantation menschlicher Endometriosezellen die Krankheit provoziert wurde, und gaben einem Teil der Versuchstiere 4HI ins Futter. Das Verfüttern des Stoffwechselproduktes führte bei den Tieren zu einer deutlichen Reduktion der Endometrioseherde im Vergleich zu den Kontrollmäusen. 4-Hydroxyindol könnte womöglich einen protektiven Effekt auf die Endometriose haben.
Das Henne-Ei-Problem bleibt ungelöst
Die Daten bestätigen einen Zusammenhang zwischen Darmmikrobiom und -metabolom sowie der chronisch entzündlichen Erkrankung Endometriose, wie das US-amerikanische Forscherteam schreibt. Offen bleibe die Frage, ob die veränderte Zusammensetzung die Erkrankung forciert oder sich infolge der Erkrankung Mikrobiom und Metabolom verändern.
Eine direkte Kausalität lässt sich auch aus Sicht von Prof. Matthias Beckmann, Direktor der Frauenklinik in Erlangen, mit der vorliegenden Publikation nicht nachweisen. Eine mögliche Verbindung schließt er aber nicht aus, schließlich reiht sich „die vorliegende Publikation in eine große Anzahl Veröffentlichungen ein, die eine Korrelation zwischen dem Mikrobiom des Darms, der Scheide und der Mundhöhle und verschiedenen immunologischen Erkrankungen postulieren“, wie er dem Science Media Center sagt.
Einen potenziellen Nutzen sieht hingegen Prof. Peter Oppelt vom Kepler Universitätsklinikum in Linz in dem Test. Er scheint nach seiner Einschätzung sehr spezifisch und praktikabel zu sein, wenn auch noch entsprechende Validierungsstudien durchlaufen werden müssten. „Der Bedarf für einen nicht invasiven Test ist sehr hoch und die Diagnostik oft noch ein Stiefkind bei Endometriose.“
In Deutschland ist seit 2023 bereits ein nicht invasiver Test auf Endometriose verfügbar. Bei diesem Speicheltest wird die Konzentration von 109 verschiedenen miRNA-Molekülen bestimmt und aus den Konzentrationsverhältnissen auf das Vorliegen einer Endometriose geschlossen.