{"id":661,"date":"2025-02-13T11:32:19","date_gmt":"2025-02-13T10:32:19","guid":{"rendered":"https:\/\/gyne.de\/?p=661"},"modified":"2025-02-13T11:32:20","modified_gmt":"2025-02-13T10:32:20","slug":"gestaffelter-mutterschutz-erweiterter-schutz-nach-fehlgeburt","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/gyne.de\/gestaffelter-mutterschutz-erweiterter-schutz-nach-fehlgeburt\/","title":{"rendered":"Gestaffelter Mutterschutz: Erweiterter Schutz nach Fehlgeburt"},"content":{"rendered":"\n

In Abh\u00e4ngigkeit vom Fortschritt der Schwangerschaft haben Frauen mit einer Fehlgeburt k\u00fcnftig Anspruch auf gestaffelten Mutterschutz. Der Gesetzgeber hat einer entsprechenden \u00c4nderung zugestimmt, welche Frauen, die vor der 24. Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erleiden, eine gesetzlich festgelegte Zeit zur k\u00f6rperlichen und psychischen Erholung zusichert. Der Berufsverband der Frauen\u00e4rzte e.<\/strong> V. (BVF) begr\u00fc\u00dft diese gesamtgesellschaftliche Entscheidung zur Ausweitung des staatlichen Schutzangebotes f\u00fcr M\u00fctter mit Fehlgeburten, das f\u00fcr Frauen nicht verpflichtend ist, ihnen aber einen anerkannten Rahmen zur Bew\u00e4ltigung schafft.<\/strong><\/p>\n\n\n\n

Bisher hatten Frauen nach Fehlgeburten vor der 24. Schwangerschaftswoche keinen Anspruch auf Mutterschutz. Dies \u00e4ndert sich nun: Der Bundestag hat einer Gesetzes\u00e4nderung zugestimmt, die einen gestaffelten Mutterschutz schon ab der 13. Schwangerschaftswoche vorsieht, ab der 17. Woche sollen bis zu sechs, ab der 20. Woche bis zu acht Wochen m\u00f6glich sein. Ein angemessener Mutterschutz nach Fehlgeburt soll nun sicherstellen, dass sich Betroffene erholen k\u00f6nnen und m\u00f6gliche gesundheitliche Komplikationen vermieden werden, er bietet aber auch arbeits- und sozialrechtlich mehr Sicherheit.
Zudem wird der Begriff \u201cEntbindung\u201c in den mutterschutzrechtlichen Regelungen in einem erg\u00e4nzten Absatz (\u00a72 Absatz 6) nun klar bestimmt: \u201eEine Entbindung ist eine Lebend- oder eine Totgeburt. Die Regelungen zur Entbindung finden im Falle einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche entsprechende Anwendung, soweit nicht in diesem oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.\u201c
Eine Fehlgeburt liegt vor, wenn sich au\u00dferhalb des Mutterleibs keine Lebensmerkmale gezeigt haben, das Gewicht des Ungeborenen weniger als 500 Gramm betr\u00e4gt und die Geburt vor der 24. Schwangerschaftswoche erfolgt. Die genauen rechtlichen Definitionen von Lebendgeburt, Totgeburt und Fehlgeburt finden sich in \u00a7 31 Personenstandsverordnung (PStV).<\/p>\n\n\n\n

Realit\u00e4t von Fehlgeburtlichkeit wird offiziell anerkannt<\/h3>\n\n\n\n

Die Neuregelung m\u00f6chte der besonderen Belastungssituation von Frauen nach einer Fehlgeburt gerecht werden und ihnen einen definierten Schutzraum schaffen. Um das Selbstbestimmungsrecht dieser Frauen zu respektieren und ihnen die Teilhabe an der Erwerbst\u00e4tigkeit zu erhalten, soll ein Besch\u00e4ftigungsverbot nur dann greifen, wenn sich die Frau nicht ausdr\u00fccklich zur Arbeitsleistung bereit erkl\u00e4rt. Das bedeutet, betroffene Frauen k\u00f6nnen sich entweder auf den neu geregelten gesetzlich vorgegebenen Mutterschutz berufen, sie haben aber auch weiterhin die M\u00f6glichkeit, einer individuellen Krankschreibung oder der Teilhabe an der Erwerbsarbeit. Bei Mutterschutz, der zeitlich \u00fcber eine Krankschreibung hinausgeht, entf\u00e4llt das Abgleiten in den Krankengeldbezug.<\/p>\n\n\n\n

\u201eWir begr\u00fc\u00dfen das gesetzgeberische Signal, frauenspezifische gesundheitliche Belange sichtbar zu machen und gesamtgesellschaftlich st\u00e4rker zu ber\u00fccksichtigen. Wichtig bleibt der Erhalt der Freiheit von Frauen, selbstbestimmt und nach individuellem Empfinden \u00fcber ihre Erholungszeit entscheiden k\u00f6nnen\u201c, meint Dr. Klaus Doubek, Pr\u00e4sident des Berufsverband der Frauen\u00e4rzte e. V. (BVF). \u201eBei Bedarf besteht weiterhin die M\u00f6glichkeit, eine individuelle Krankschreibung wahrnehmen zu k\u00f6nnen. Das gilt f\u00fcr Frauen, die m\u00f6glicherweise \u00fcber dieses sehr intime und pers\u00f6nliche Ereignis am Arbeitsplatz schweigen m\u00f6chten, sowie auch f\u00fcr Frauen, die bei fr\u00fcherer Fehlgeburt noch nicht anspruchsberechtigt sind.\u201c<\/p>\n\n\n\n

In der Debatte wurde richtigerweise besonders hervorgehoben, dass auch der Tod eines ungeborenen Kindes \u2013 unabh\u00e4ngig von der Schwangerschaftswoche \u2013 sehr individuell mit Gef\u00fchlen der Trauer und des Verlustes einhergehen kann, f\u00fcr deren Verarbeitung es einen angemessenen Schutzraum braucht. Die psychischen Auswirkungen eines fr\u00fchen Schwangerschaftsverlustes bei den betroffenen Frauen m\u00fcssen in der weiteren Versorgung ausreichend Beachtung finden. Sie k\u00f6nnen unter anderem Trauer, Depression, Angstsymptome oder posttraumatische Belastungsreaktionen unterschiedlicher Auspr\u00e4gung einschlie\u00dfen. Allerdings l\u00e4sst sich aus medizinischer Sicht der Verlust eines ungeborenen Kindes nicht in Schwangerschaftswochen graduieren, da er u. a. bei starkem Kinderwunsch sehr ausgepr\u00e4gt sein kann. Aus medizinischer Sicht k\u00f6nnen hier keine klaren Grenzen zum erforderlichen Umfang von psychischer Regeneration gezogen werden, da viele Faktoren \u2013 z. B. fr\u00fchere Verlusterfahrungen oder bereits bestehende psychische Erkrankungen \u2013 die individuelle Bew\u00e4ltigung beeinflussen.<\/p>\n\n\n\n

Welche Optionen f\u00fcr die Behandlung von fr\u00fchen Schwangerschaftsverlusten bestehen, ist in der S2k-Leitlinie zum fr\u00fchen Schwangerschaftsverlust im 1. Trimenon dargelegt, die im September 2024 ver\u00f6ffentlicht wurde. F\u00fcr Patientinnen wurde eine gek\u00fcrzte Version parallel zur Entstehung der S2k-Leitlinie erarbeitet, um dem Informationsbedarf in dieser Situation gerecht zu werden.<\/p>\n\n\n\n

Mutterschutzfristen werden
im Rahmen des Umlageverfahrens U2 ausgeglichen<\/h3>\n\n\n\n

Die Neuregelung zielt auch darauf ab, Fehlgeburten zu enttabuisieren und eine Schwangerschaft nicht als Krankheit zu behandeln. Statt den Regelungen zum Krankengeld der gesetzlichen Krankenversicherung, die im Fall einer Arbeitsunf\u00e4higkeit greifen w\u00fcrde, sollen bei den Schutzfristen nun die Regelungen \u00fcber die mutterschutzrechtlichen Entgeltfortzahlungen angewendet werden. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bekommen 100 % der mutterschutzrechtlichen Leistungen \u00fcber das Umlageverfahren U2 erstattet, was die Kosten auf alle Arbeitgebenden verteilt und einzelne Betriebe entlasten soll. Dieser Aspekt soll auch m\u00f6gliche Diskriminierung bei der Einstellung von Frauen verhindern.
Bereits mit dem Gesetz zum Schutz von M\u00fcttern bei der Arbeit, in der Ausbildung und im Studium, das am 1. Januar 2018 in Kraft getreten ist, wurde ein besonderer K\u00fcndigungsschutz in F\u00e4llen der Fehlgeburt eingef\u00fchrt, eine Regenerationszeit ist hier nicht explizit vorgesehen.
Die Initiative f\u00fcr die Gesetzes\u00e4nderung geht auf eine Petition mit dem Titel „Gestaffelter Mutterschutz nach Fehlgeburten“ zur\u00fcck, die durch eine Verfassungsbeschwerde erg\u00e4nzt wurde, welche jedoch vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen wurde. Der Bundestag beriet am 19. Dezember 2024 zwei Gesetzesentw\u00fcrfe zur \u00c4nderung des Mutterschutzgesetzes und \u00fcberwies diese im Anschluss an die Aussch\u00fcsse unter Federf\u00fchrung des Ausschuss f\u00fcr Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Bereits am 5. Juli 2024 hatte der Bundesrat in seiner 1046. Sitzung die Entschlie\u00dfung gefasst, die Bundesregierung aufzufordern, f\u00fcr Betroffene von Fehlgeburten Schutzfristen im Sinne des Mutterschutzgesetzes einzuf\u00fchren. Am 30. 01. 2025 hat der Bundestag nun die Gesetzes\u00e4nderung beschlossen.<\/p>\n\n\n\n

Quelle: Pressemitteilung des BVF e. V. <\/p>\n\n\n\n

Literatur und weiterf\u00fchrende Informationen:<\/p>\n\n\n\n

\n
    \n
  • S2k-Leitlinie Fr\u00fcher Schwangerschaftsverlust im 1. Trimenon samt Patientenleitlinie und Informationsblatt<\/li>\n\n\n\n
  • 20\/14231 – Gesetzentwurf: Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Mutterschutzgesetzes und weiterer Gesetze – Anspruch auf Mutterschutzfristen nach einer Fehlgeburt (Mutterschutzanpassungsgesetz)<\/li>\n\n\n\n
  • Petition 136221 Mutterschutzgesetz: Einf\u00fchrung eines gestaffelten Mutterschutzes vom 15.07.2022<\/li>\n\n\n\n
  • Entschlie\u00dfung des Bundesrates zur Einf\u00fchrung eines gestaffelten Mutterschutzes bei Fehlgeburten Drucksache 289\/24 (Beschluss)<\/li>\n\n\n\n
  • \u00a7 31 Personenstandsverordnung (PStV)<\/li>\n<\/ul>\n<\/blockquote>\n\n\n\n

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    Frauen erhalten bei Fehlgeburten gestaffelten Mutterschutzanspruch. Eine Gesetzes\u00e4nderung sichert die M\u00f6glichkeit auf Erholungszeit f\u00fcr Frauen, die vor der 24. Woche eine Fehlgeburt erleiden.<\/p>\n","protected":false},"author":3,"featured_media":674,"comment_status":"closed","ping_status":"closed","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"footnotes":""},"categories":[104],"tags":[99,116,100],"class_list":["post-661","post","type-post","status-publish","format-standard","has-post-thumbnail","hentry","category-politik","tag-fehlgeburt","tag-gesetzesaenderung","tag-mutterschutz"],"yoast_head":"\nGestaffelter Mutterschutz: Erweiterter Schutz nach Fehlgeburt | Gyne<\/title>\n<meta name=\"description\" content=\"Frauen erhalten bei Fehlgeburten gestaffelten Mutterschutzanspruch. 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