Mütterliche Adipositas prägt Stoffwechselrisiko des Kindes

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Übergewichtige Schwangere lächelt trotz Stoffwechselrisiko, sitzt am Boden und hält ihren Babybauch.
Quelle: Kletr - stock.adobe.com

Eine Studie der Universität Bonn zeigt, wie mütterliche Adipositas die Stoffwechselgesundheit der Nachkommen beeinflusst. Kupffer-Zellen in der Leber werden bereits im Mutterleib durch mütterliche Stoffwechselprodukte umprogrammiert, was zur Entwicklung einer Fettleber führt. Der Transkriptionsfaktor HIF1α wurde als zentraler molekularer Schalter identifiziert – sein gezieltes Ausschalten verhindert die Fettleberentwicklung trotz mütterlicher Adipositas. Diese Erkenntnisse eröffnen neue therapeutische Perspektiven und unterstreichen die Bedeutung der mütterlichen Stoffwechsellage für die langfristige Gesundheit der Kinder.

Mütterliche Adipositas programmiert Kupffer-Zellen um

Eine aktuelle Studie der Universität Bonn liefert neue Erkenntnisse darüber, warum Kinder übergewichtiger Mütter häufig ein erhöhtes Risiko für Stoffwechselstörungen wie Fettleber oder Diabetes entwickeln – selbst dann, wenn sie sich später gesund ernähren. Die Ergebnisse, die jetzt in Nature veröffentlicht wurden, zeigen erstmals einen molekularen Mechanismus, der bereits während der Embryonalentwicklung entscheidend geprägt wird.

Im Fokus der Untersuchung standen die sogenannten Kupffer-Zellen, spezialisierte Makrophagen in der Leber. Diese Immunzellen übernehmen nicht nur Abwehrfunktionen, sondern steuern als „Dirigenten“ auch die Funktion der Leberzellen. Die Forschenden um Prof. Dr. Elvira Mass vom LIMES-Institut der Universität Bonn konnten zeigen: Bei Nachkommen fettleibiger Mäuse werden Kupffer-Zellen bereits im Mutterleib durch Stoffwechselprodukte der Mutter umprogrammiert. Diese „Umprogrammierung“ verändert die Signalgebung der Zellen so, dass die Leber der Jungtiere vermehrt Fette aufnimmt – mit der Folge, dass sich schon kurz nach der Geburt eine Fettleber entwickelt.

HIF1α als molekularer Schalter und therapeutischer Ansatzpunkt

Besonders bemerkenswert ist die Identifikation des Transkriptionsfaktors HIF1α (Hypoxia-Inducible Factor 1-alpha) als zentralen molekularen Schalter in diesem Prozess. Wird HIF1α gezielt in den myeloiden Zellen ausgeschaltet, entwickeln die Nachkommen trotz mütterlicher Adipositas keine Fettleber. Damit rückt HIF1α als möglicher therapeutischer Angriffspunkt in den Fokus zukünftiger Forschung.

Kupffer-Zellen als Vermittler – Parakrine Signalwege im Visier

Die Studie belegt, dass umprogrammierte Kupffer-Zellen über parakrine Faktoren die Leberzellen zur vermehrten Lipidaufnahme anregen. Im Mausmodell konnte durch gezielte Depletion und Re-Population der Kupffer-Zellen der Fettleber-Phänotyp beeinflusst werden. Dies unterstreicht die kausale Rolle der Kupffer-Zellen als „fehlgeleitete Dirigenten“ in der Entwicklung der Fettleber.

Metabolomik und Biomarker-Potenzial

Die Forschenden analysierten zudem das Metabolom der Nachkommen und fanden spezifische Veränderungen, wie einen erhöhten Glutamin/Glutamat-Quotienten. Solche Metaboliten könnten künftig als frühe Biomarker für ein erhöhtes Risiko dienen, das durch mütterliche Adipositas vermittelt wird.

Relevanz für die DOHaD-Forschung und therapeutische Perspektiven

Die Arbeit bestätigt und erweitert das Konzept der „Developmental Origins of Health and Disease“ (DOHaD) um einen konkreten zellulären Mechanismus: Yolk-sac-abstammende Kupffer-Zellen fungieren als intergenerationelle Boten, die mütterliche Stoffwechselsignale speichern und lebenslang die Leberfunktion der Nachkommen beeinflussen. Im Mausmodell war die Umprogrammierung der Kupffer-Zellen und die Entwicklung der Fettleber durch gezielte Eingriffe sogar reversibel – ein Hinweis auf ein mögliches therapeutisches Fenster.

Fazit

Die Studie liefert nicht nur einen neuen Mechanismus für die Entstehung kindlicher Fettleber und metabolischer Störungen, sondern identifiziert mit HIF1α auch einen möglichen therapeutischen Angriffspunkt. Sie unterstreicht die Bedeutung der maternalen Stoffwechsellage und könnte langfristig die Prävention und Therapie bei Kindern aus Risikofamilien entscheidend beeinflussen.

An der Studie waren neben der Universität Bonn auch das DZNE sowie die Universitäten Wien, Ghent und Shanghai beteiligt. Gefördert wurde die Arbeit unter anderem von der DFG, dem ERC und weiteren Organisationen.

Quelle: Pressemitteilung der Universität Bonn: Wie Übergewicht auch den Nachkommen schadet.

Originalpublikation: Huang, H., Balzer, N.R., Seep, L. et al. Kupffer cell programming by maternal obesity triggers fatty liver disease. Nature (2025). https://doi.org/10.1038/s41586-025-09190-w

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